Einkommensteuer | Behandlungskosten bei Burn-Out (FG)
Burn-Out ist keine typische Berufskrankheit. Ein Werbungskostenabzug der Behandlungskosten kommt daher nicht in Betracht (FG München, Urteil v. 26.4.2013 - 8 K 3159/10; Revision zugelassen).
Sachverhalt: Der Kläger macht Kosten für eine mehrwöchige stationäre Behandlung in der psychosomatischen Abteilung als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit mit folgender Begründung geltend: Er sei aufgrund der Fusion seines Arbeitgebers nicht wie erwartet zum Prokuristen ernannt worden. Man habe ihm mit einer Vertragsanpassung gedroht, die aus seiner Sicht einer Degradierung gleichgekommen wäre. Daraufhin habe er akute gesundheitliche Beschwerden verspürt. Seine Hausärztin habe ihn deswegen in Abstimmung mit einem Facharzt für Psychiatrie in die psychosomatische Klinik zur stationären Behandlung überwiesen. Die Krankenversicherung kam für die Kosten nicht auf - ein stationärer Aufenthalt sei zu keinem Zeitpunkt erforderlich gewesen. Auch das Finanzamt berücksichtigte die Kosten nicht.
Die hiergegen gerichtete Klage hatte keinen Erfolg:

Bei einer psychischen oder psychosomatischen Krankheit, die u.a. durch eine starke emotionale Belastung im Beruf ausgelöst wird, handelt es sich nicht um eine typische Berufskrankheit.

Die in der Rechtsprechung den Werbungskosten zugeordneten Fälle sind Ausnahmen, die anders gelagert sind als der Streitfall: Dort handelte es sich um Krankheiten, die mit hoher Wahrscheinlichkeit eine nahezu ausschließliche Kausalität zu typischen Berufsumständen aufgewiesen haben (z.B. Vergiftungserscheinungen eines Chemikers, Staublunge eines Bergmanns, Tuberkuloseerkrankung in einer TBC-Heilungsstätte, Sportunfall eines Berufsfußballspielers u.a.).

Eine solche zwingende Kausalität von Belastungssituationen und Stress im Beruf für eine psychische Erkrankung sieht der erkennende Senat nicht.

Zwar mag beruflicher Stress konkreter Auslöser einer Verschlechterung mit Krankheitscharakter sein - dies macht ihn aber nicht zur alleinigen oder nahezu zwingenden Ursache der Krankheit.

Vielmehr spielen bei psychischen Erkrankungen ebenso - wie bei den meisten körperlichen Krankheiten - eine Vielzahl bekannter wie unbekannter Faktoren zusammen, die es dem Gericht verwehren, einer der Ursachen den Charakter der Wesentlichen zuzusprechen und von Monokausalität auszugehen.

Dem entsprechend hat der BFH etwa abgelehnt, den Herzinfarkt bei Angehörigen von freien Berufen als typische Berufskrankheit und damit als einen solchen Ausnahmefall zu beurteilen (BFH, Urteil v. 4.10.1968 - IV R 59/68): Ein eindeutiger Zusammenhang zwischen Erkrankung und dem Beruf stehe nicht fest, weil Herzinfarkte erfahrungsgemäß nicht nur bei Angehörigen geistiger Berufe, sondern auch bei Handwerkern, Arbeitern und Hausfrauen in erheblichem Umfange aufträten.

Im Streitfall gilt gleiches: Psychische Erkrankungen treten in praktisch allen Bevölkerungsschichten gleichermaßen in zumindest erheblichem Umfang auf. Das gilt auch für Krankheitsbilder wie "Burn-Out" oder ähnliche durch akute Belastungssituationen ausgelöste psychische Erkrankungen.
Anmerkung: Weiter stellten die Richter ihrem Urteil klar, dass nach § 64 EStDV für eine Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung ein vorheriges amtsärztliches Attest vorgelegt werden muss. Gegen die rückwirkende Anwendung der durch das Gesetz vom 1.11.2011 (BGBl I 2011, 2131) neu gefassten Vorschrift des § 64 Abs. 1 EStDV auf alle Fälle, in denen die ESt noch nicht bestandskräftig festgesetzt ist (§ 84 Abs. 3f EStDV in der Fassung des Änderungsgesetzes) bestehen keine Bedenken.
Quelle: NWB Datenbank
Hinweis: Die Revision wurde zugelassen. Der BFH hatte über die Frage, ob psychische Erkrankungen Berufskrankheiten sein können, – soweit ersichtlich – noch nicht zu befinden. Die angewendete Rspr. des BFH zu Berufskrankheiten stamme zudem aus der Zeit vor der Aufgabe des Aufteilungsverbots bei § 12 EStG. Auch sei derzeit ein Verfahren vor dem BFH zur Anerkennung von Krankheitskosten als Werbungskosten unter dem Az. VI R 37/12 anhängig.